25.09.20 Zur Erinnerung der Antrag von Margarete Mohr und mir im Jahr 2018, in dem wir unsere Zustimmung zur Sanierung der Tiefgargage begründet und gleichzeitig gefordert haben, die Sanierung der TG in ein modernes Mobilitätskonzept einzubinden und sich hierbei von einer einseitigen Bevorzugung einer Mobilitätsform zu lösen. 

Hier zum Nachlesen: https://linke-sindelfingen.de/images/PDF-Dateien/Antraege/2018-04-15_Antrag_zur_TGS.pdf

Von dieser Bejahung der TG-Sanierung haben wir uns zusammen bei der Besprechung des Not-Haushalts 2020 verabschiedet, weil wir bei notwendigen Priorisierung der Infrastrukturmaßnahmen der Meinung waren am ehesten auf die Sanierung der Tiefgarage verzichten zu können.Wir haben in den Gremien und im Gemeinderat unseren Positionswechsel wie begründet und den Gemeinderat aufgefordert, die Angelegenheit neu zu diskutieren, wozu nur die Fraktion der Grünen bereit war. 

UNSERE GRÜNDE:

  1. Finanzielle Gründe

Niemand hat zum Zeitpunkt als wir die vielen Infrastrukturprojekte bejaht haben (ehemaliges Mädchenheim in Maichingen, Sportstättensanierung, Hallenbad, neues Bürger-und Kulturzentrum, Gaststätte Hirsch, Post-Voba-Areal,Tiefgarage etc) damit gerechnet, dass wir statt 150 Millionen Gewerbesteuereinnahmen, nur noch 15 Millionen haben werden. Wir sind zwar grundsätzlich dafür auch in der Krise zu investieren, weil man aus Krisen herauswachsen muss und es selbst bei einer erforderlichen Kreditaufnahme sinnvoll sein kann  Investitionen zu tätigen, aber es wäre naiv zu glauben, dass trotzdem alle oben genannten Projekte gleichzeitig angegangen werden könnten. Also gibt es eine Notwendigkeit der Priorisierung, zu der wir auch von der Verwaltung aufgefordert wurden.

Unsere Zustimmung erfolgte zu einem Zeitpunkt als man aus dem Vollen schöpfen konnte, was heute nicht mehr der Fall ist. Wenn man sich anschaut, dass von den bisherigen 415 Parkplätzen in der Tiefgarage nur noch durch Verbreiterung der Parkfläche noch ca.300 übrig bleiben und dies nach den Berechnungen aus dem Jahre 2018 (!)  31 Millionen € kosten soll, dann habe ich überschlägig 100.000 €  als Sanierungskosten pro Stellplatz. Da darf man schon die Frage stellen, ob das in der finanziellen Situation der Stadt nicht eine luxuriöse Sanierung ist. Die Grünen haben ein Bau eines Parkhauses am Parkplatz der Stadthalle ins Gespräch gebracht. Wenn man sich anschaut, wie die Baukosten eines Parkhausbaus sind, wäre tatsächlich die Wirtschaftlichkeit der Sanierung in Frage zu stellen.

„Die durchschnittlichen Baukosten für ein Parkhaus mit mehreren Geschossen belaufen sich auf ca. 5.000 Euro pro Stellplatz [¤/Sthttps://constructalia.arcelormittal.com/files/CarParks_DE--f0a4d6efe57d9847c3ce03befe300315.pdf">https://constructalia.arcelormittal.com/files/CarParks_DE--f0a4d6efe57d9847c3ce03befe300315.pdf

  1. 2. Städtebauliche Gründe

Es fehlt uns einfach an der Planung für die Innenstadt, in die das Projekt TG eingebunden wäre, weder wissen wir, wie die Verwaltung Marktplatzoberfläche gestalten will, noch wie nach deren Vorstellung die Innenstadt aussehen soll. Geschweige denn das bisher ein schlüssiges Mobilitätskonzept vorläge, dass wir 2018(!)  bei unseren zustimmenden Antrag gefordert hatten. Die 2 Jahre wurden nicht genutzt ein solches zu entwickeln.

Wir sind keine Gegner des individuellen Verkehrs an sich und wir werden auf absehbare Zeit ohne Auto nicht auskommen können, aber auch wir nehmen wahr, dass es europaweit eine Tendenz zur autofreien Innenstadt in der modernen Stadtplanung gibt, an der sich auch Sindelfingen nicht vorbeimogeln kann. Mit der Weiternutzung der Marktplatztiefgarage halten wir an einer Verkehrspolitik des 20 Jahrhunderts fest. Die Besuche der Delegation des Gemeinderats in Städten wie Nagold und Biberach sollte allen gezeigt haben, dass auch der Einzelhandel von einer verkehrsreduzierten bzw. autofreien Innenstadt profitieren würde.  Es gibt ein verändertes Mobilitätsverhalten in der jungen Generation das auch nicht übergangen werden sollte. Die Verwaltung  hat nicht untersucht, ob es überhaupt den Bedarf für so viele Stellplätze in einigen Jahren geben wird.

Was die Ängste des Einzelhandels angeht. Die nehmen wir ernst. Andererseits das Institut für Handelsforschung in Köln führt mit vielen Städten alle 2 Jahre die Untersuchung “Vitale Innenstädte“ durch. Ziel ist es festzustellen, wie es um den jeweiligen Standort Innenstadt bestellt ist und was der Shopper attraktiv findet. Dabei kam bei allen Untersuchungen folgendes heraus:

“Am schlechtesten benotet wurden im Schnitt das Freizeitangebot und der Erlebnischarakter der Stadtzentren. Knapp ein Drittel der Befragten kommt aber wegen Freizeitaktivitäten in die Innenstadt“.

Zu einem vergleichbaren Ergebnis ist auch eine Untersuchung von IHK Köln, die das Einkaufsverhalten der junger Menschen zwischen 14 und 25 untersucht hat. 54% der darin Befragten gehen in die Innenstadt, um Freizeit (auch mit Freunden) zu verbringen. Gerade wenn man diese Zielgruppe zukünftig halten möchte, muss man auf diese Bedürfnisse eingehen. Jeder, der sich mit Handel beschäftigt weiß, das Aufenthaltsdauer und Umsatz korrelieren, nur Menschen, die in der Stadt sind, können Umsatz machen."

Wir  müssen auch den Menschen, die uns fragen,  wo sie künftig parken können, also denen, die weder mit dem Fahrrad oder kostenlosen Bus kommen wollen, Antworten geben. Hier könnten wir uns vorstellen analog zur belgischen Stadt Haselt (68 000 Einwohner), dass wir beim Daimler elektrische Kleinbusse bestellen und diese kostenlos von den Parkhäusern Sterncenter, Domo, Stadthalle zur Planie und zurück fahren lassen. Planie und Bahnhofstrasse könnte in eine Fußgängerzone integriert werden, wodurch die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt steigen würde.